Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Arthur Schwarz, Jena, 3. Februar 1906

ZOOLOGISCHES INSTITUT

DER UNIVERSITÄT JENA.

Jena 3. Febr. 1906.

Hochgeehrter Herr Schwarz!

Ihre so eben erhaltene telegraphische Mitteilung, daß Sie unserem kürzlich gegründeten „Deutschen Monistenbund“ Tausend Mark zuwenden, hat mich und meine hiesigen Freunde mit großer Freude erfüllt; wir sagen Ihnen für dieses hochherzige Geschenk unseren herzlichsten Dank! Gleichzeitig sende ich Ihnen die bisher veröffentlichten, von Dr. Heinrich Schmidt verfaßten Drucksachen, denen bald eine eingehendere Programm-Schrift folgen soll. Die Teilnahme weiter Kreise an unserem Bunde eröffnet gute Aussichten. ||

Die Gründung des Monistenbundes, die nach langen und schwierigen Vorverhandlungen hier am 11. Januar stattfand, und zu der sich 12 von den auswärtigen Unterzeichnern des Aufrufs eingefunden hatten, erfolgte unter günstiger und hoffnungsvoller Erörterung der wichtigsten Programm-Punkte. Die Wahl des Dr. Kalthoff (Bremen) zum activen Vorsitzenden scheint sehr glücklich zu sein; ebenso die Wahl von Dr. Heinrich Schmidt zum General-Sekretär; er widmet jetzt seine ganze Zeit diesem wichtigen Amte, das mit einer sehr ausgedehnten Correspondenz verbunden ist. ||

Das Amt eines formalen „Ehren-Vorsitzenden“ (einer passiven Rolle!) habe ich nur auf dringenden Wunsch meiner Anhänger und Schüler übernommen, weil ich nun einmal ( - schon vor 40 Jahren - ) dem Monismus diese führende Rolle zugeschrieben und in meiner Altenburger Rede (1892) seine fundamentale Bedeutung für die Reform unserer Kultur dargelegt habe. Activ werde ich mich leider wenig mehr bei seiner Förderung beteiligen können, da meine Gesundheit langsam bergab geht. Die Kur in Baden Baden, bei der ich meinen 72 Jahren wohl zu starke Anstrengungen zugemutet habe, ist mir schlecht bekommen.

Ein bald danach eintretendes rheumatisches Fieber (mit Herz-Affection) zwang mich, die Vorlesungen für diesen Winter aufzugeben. Jetzt gehe ich wieder aus. ||

Zu dem Frühlings-Aufenthalt in dem herrlichen Rapallo sende ich Ihnen und Ihrer hochverehrten Frau Gemahlin meine besten Wünsche! Im Hôtel Savoie daselbst wohnt jetzt für mehrere Monate einer meiner tüchtigsten Schüler, Professor Richard Semon (aus München), mit seiner liebenswürdigen geistreichen Frau; seine „Forschungsreisen in Australien“ (in 5 Folio Bänden) sind ein monumentales Werk; seine Reisebeschreibung (populaer) „Im australischen Busch“, ausgezeichnet.

- Mit Vergnügen erinnere ich mich an die genußreichen Spazierfahrten in Baden, die ich Ihrer Güte verdanke.

Mit wiederholtem besten Danke

Ihr ergebener Ernst Haeckel.

Verehrungsvollen Gruß an Ihre Frau Gemahlin!

Meine „Wanderbilder“ (24 Blätter) sende ich Ihnen nach Lichterfelde.a

a Text weiter am linken Rand von S. 1: Meine „Wanderbilder“ … nach Lichterfelde

 

Letter metadata

Recipient
Dating
03.02.1906
Place of origin
Country of origin
Possessing institution
Privatbesitz
ID
43774