Wilhelm Breitenbach an Ernst Haeckel, Brackwede, 13. März 1913
DR. WILHELM BREITENBACH
BUCHDRUCKEREI UND VERLAG
BRACKWEDE, 13. 3. 1913
Sehr verehrter Herr Professor!
In der Vossischen Zeitung vom 22. Sept. 1912 befindet sich ein Aufsatz von Ihnen: „Schafft die Natur Kunstwerke?“ Dieser Aufsatz würde sich nach Vornahme einiger Aenderungen resp. Streichungen sehr gut als eine Art Einleitung zu dem von mir zu bearbeitenden Buche über Kunstformen eignen. Die Streichungen würden die Polemik gegen den Münchener Prof. Voll betreffen, die ja in unser Buch nicht hineingehören und da keinen Zweck haben würden. Sachliche Aenderungen kämen nicht in Frage. Ich würde, wenn Sie mir die Benutzung des Aufsatzes gestatten wollten, Ihnen den fertig geänderten Aufsatz natürlich erst zur Genehmigung vorlegen. Arbeit würde Ihnen also nicht entstehen. Da zu dem Buche doch in der Hauptsache Abbildungen aus Ihren Werken benutzt werden sollen, so würde eine kleine Einleitung von Ihnen dem Ganzen natürlich nur zum Vorteil gereichen. Ich bitte Sie freundlichst, mir die Benutzung des genannten Aufsatzes in der angedeuteten Form zu gestatten.
Seit etwa einer Woche studiere ich Prof. Plate’s neues Buch grosses Buch über Vererbung. Die Tatsachen auf diesem Gebiete häufen sich so ungeheuerlich, dass man sich kaum durchfindet. Ein wirkliches Verständnis wird man, glaube ich, bald nur noch von all diesen Erscheinungen bekommen können, wenn man selbst experimentiert. Es mag da ähnlich gehen wie in der Chemie. Auch diese kann man aus einem Lehrbuch nicht gründlich lernen.
Mit den besten Wünschen für Ihre Gesundheit und herzlichen Grüssen
Ihr treu ergebener
Dr. W. Breitenbach