Breitenbach, Wilhelm

Wilhelm Breitenbach an Ernst Haeckel, Brackwede, 28. Juni 1905

Brackwede, 28. Juni 05

Sehr geehrter Herr Professor!

Schon oft habe ich Ihnen von einer Sache schreiben wollen, die mich schwer geärgert hat und die in erster Linie Sie betrifft. Seit langer Zeit gefällt sich die bei Fischer in Jena erscheinende „Naturw. Wochenschrift“ darin, in der heimtückischesten und gehässigsten Weise allerlei kleine, oft etwas verdeckte Angriffe auf Sie zu machen, die oft eine deutliche persönliche Spitze aufweisen. Nach meinen Beobachtungen sind es vornehmlich zwei Herren, die Sie fortgesetzt angreifen und verkleinern, die Herren Potonié und Dahl. Namentlich der letztere benutzt zu seinen Angriffen gern kleine ganz harmlos aussehende Briefkasten-Notizen. Oft wird Ihr Name in eine solche Notiz hineingezerrt ohne dass ein Grund dazu zu erkennen wäre. Jedenfalls handelt es sich hier um eine ganz systematische und raffinierte Hetzerei und Minirarbeit, die nur den Zweck haben, Sie bei den Lesern der Zeitschrift nach und || nach zua verdächtigen. Ich habe mich über dieses wenig feine Benehmen der Herren oft geärgert und hätte wohl Lust es einmal gründlich zu beleuchten, wenn ich nur wüsste wo. Wenn diese Herren mit Ihren Ansichten nicht einverstanden sind, nun gut, dann mögen Sie doch offen heraustreten und Sie im Zusammenhang mit wissenschaftlichen Gründen bekämpfen; statt dessen aber zielen sie aus dem Versteck des Briefkastens mit vergifteten Pfeilen auf Sie. Das ist perfide und sollte wirklich einmal gerügt werden. Die Wochenschrift will doch eine der ersten Zeitschriften sein; dann aber sollte sie sich nicht zu solchen verwerflichen Manövern hergeben.

Es war mir ein Bedürfnis Ihnen meine Entrüstung über das Verhalten der Wochenschrift auszudrücken. Ende Juli hoffe ich zum Stiftungsfest des vor 25 Jahren gegründeten Naturwissenschaftlichen Vereins in Jena zu sein. Wie wenn es gestern gewesen wäre, erinnere ich mich des ersten Festes auf dem Burgkeller, an dem auch Sie teilzunehmen die Güte hatten. Nun findet im gleichen Raum das 25 jährige || Stiftungsfest statt.

Was machen Ihre Berliner Vorträge? Ich bin verschiedentlich wegen derselben gefragt worden.

In der Hoffnung, Sie bei unserem Feste demnächst zu sehen, bleibe ich, hochverehrter Herr Professor, in alter Anhänglichkeit und Treue mit den besten Grüssen

Ihr dankbarer Schüler

Dr. W. Breitenbach

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Letter metadata

Empfänger
Datierung
28.06.1905
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 6008
ID
6008