Stahl, Ernst

Ernst Stahl (Dekan) an die philosophische Fakultät der Universität Jena, Jena, 24. Juli 1886

Senior venerande,

Assessores gravissimi.

Herr Dr Moritz Büsgen aus Weilburg an der Lahn bewirbt sich um die Habilitation im Fach der Botanik. Die vorgeschriebenen Bedingungen sind erfüllt. Ausser der Habilitationsschrift liegen vor das Doctordiplom, ein Zeugniss der facultas docendi und einige botanische Abhandlungen.

Als Vertreter des Faches, für welches der Petent sich zu habilitiren wünscht, erlaubt sich der unterzeichnete Decan schon hier sein Votum abzugeben und bittet derselbe Herrn Collegen Haeckel, a den Vertreter des nächsten Faches, das Correferat übernehmen zu wollen.

Herr Dr Büsgen (geboren 1858) hat seine Universitätsstudien in Bonn, Berlin und Strassburg absolvirt und wurde an letzter Universität im Jahre 1882 zum Doctor philosophiae naturalis creirt mit dem Prädicat magna cum laude. Im Februar 1883 bestand er das Oberlehrerexamen ebenfalls zu Strassburg.

Von den vorgelegten Abhandlungen sind drei bloss referirenden Inhalts, die anderen enthalten selbständige Untersuchungen. In der Schrift „Ueber die Bedeutung des Insectenfanges für Drosera rotundifolia“ greift der Verfasser ein in den Streit, welcher sich an das Darwin’sche Werk über Insecten fressende Pflanzen geknüpft hat, ob nämlich der Insectenfang gleichgiltig, nützlich oder schädlich für die betreffenden Pflanzen sei und weist durch sorgfältige mit dem Sonnenthau || angestellte Versuche nach, dass die mit Insecten gefütterten Pflanzen viel kräftiger sich entwickeln und zahlreicher Samen liefern als andere nicht mit Thierchen gefütterte Pflanzen, die im Uebrigen gleichen Vegetationsbedingungen ausgesetzt sind.

Die übrigen Arbeiten des Herrn Dr Büsgen sind sämmtliche mycologischen Inhalts. In der Dissertation „Die Entwicklung der Phycomycetensporangien“ werden die feineren histologischen Vorgänge, die der Schwärmsporenbildung einiger Pilze vorangehen, genauer beschrieben; in der Schrift „Ueber Aspergillus Oryzae“ wird ein bei der Herstellung der Sake – eines aus Reiskoernern bereiteten alkoholischen Getränkes der Japanesen – betheiligter Pilz und dessen Wirkung auf die Reiskoerner beschrieben und in der als Habilitationsschrift eingereichten Arbeit „Beitrag zur Kenntniss der Cladochytrien“ eine kleine Gruppe parasitischer Pilze entwickelungsgeschichtlich und systematisch bearbeitet. Die Resultate dieser Arbeit, welche auf minutiösen Untersuchungen beruhen, sind von so speciellem Interesse, dass auf eine genaue Wiedergabe des Inhalts hier wohl verzichtet werden kann. Dieser Arbeit giebt aber, wie die übrigen Schriften des Verfassers Zeugniss von grosser Sorgfalt und guter Schulung in diesen schwierigen Detailuntersuchungen, so dass meinerseits gegen die Zulassung des Herrn Dr. Büsgen zum Colloquium keine Bedenken entgegenstehen.

Jena den 24. Juli 1886

E. Stahl

d. Z. Decan

Nachdem ich die vorliegenden Arbeiten und Zeugnisse des Dr. M. Büsgen durchgesehen habe, trete ich als Correferent dem Urtheil des Herrn Referenten bei, und beantrage Zulassung zum Colloquium.

Haeckel ||

Laut der vorstehenden Voten der sachkundigen Herrn Referenten für Zulassung des Dr. Büsgen zum Colloquium | Stickel | Thomae | A. Geuther | Delbrück | Goetz | Gelzer | Haeckel | Eucken | O. Lorenz | Liebmann | Pierstorff | Kluge | v. d. Goltz | Sohncke

Beschluss: Zulassung zum Colloquium

a gestr.: als

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Datierung
24.07.1886
Entstehungsort
Entstehungsland
Zielort
Jena
Besitzende Institution
UAJ
Signatur
UAJ, M 644, Bl. 180r-181r
ID
50424