Crompton, Eugen von

Eugen von Crompton an Ernst Haeckel, Steglitz, 7. Dezember 1911.

Steglitz 7.12.11

Albrechtstrasse 72.

Hochverehrte Excellenz!

Ew. Excellenz werden gewiß erwartet haben, daß ich Ew. über meine arme Frau Nachricht zukommen lasse. Auf Wunsch meiner Frau hatte ich dieselbe gestern Nachmittag vom Krankenhaus Gr. Lichterfelde geholt, meine Frau machte sich so große Sorgen wegen der Kosten daselbst, aber hier ist es fast teurer als im Krankenhaus, meine Frau, die noch Fieber hat (gestern Abend 38,9, heute 38,5), muß noch im Bett liegen bleiben, da ich auch vom 1.12 wieder eine Stellung wieder habe, muß ich mir eine Pflegerin engagieren, der sie hier behandelnde Arzt Herr Dr. Ernst Mayer Steglitz Heinrich Seidelstr. 6, hat mir ja zugesagt, daß ich ihm seine Bemühungen später in Raten zahlen kann, aber es hängt so viel drum und dran, daß ich trotz schweren || Kämpfen, nachdem ich selbst vergeblicha an meine Angehörigen geschrieben habe, ich es wage Ew. Excellenz herzlichst zu bitten in meiner großen Not nicht mir aber meiner armen Frau zu helfen, bitte nehmen es Ew. Excellenz einem Manne nicht übel, der alles tut um seine Frau wieder gesund zu machen, da ich am 1 Januar wieder Gehalt (180 M. per Monat) bekomme, meine Frau auch die Tafeln für das botanische Werk zu malen erhalten hat, so kann ich Ew. Excellenz es auch fest versprechen, daß ich Ew. Excellenz, die mir eventl geliehene Summe in monatlichen Raten pünktlich zurück zahlen werde; trotz Alle dem hätte ich Ew. Excellenz noch nicht um Hilfe gebeten, wenn Herr Dr. Meyer mir nicht gesagt hätte, meine Frau hätte durch Entlehrung und schlechte Ernährung Unterernährung gehabt, und es mein erstes Streben sein müßte, meine Frau hochzufüttern. || Durch die lange Zeit, daß ich keine Stellung hatte (Sept – December) war das bischen Reserve aufgegangen, nun diese kolossalen Ausgaben und dann mitansehen wie elend und schwach die Frau geworden ist, Ew. Excellenz das macht mürbe, das beugt das Haupt, das bezwingt den Stolz! – Deßhalb ist es meine letzte Hoffnung, daß Ew. Excellenz mir helfen könnten. Ich könnte vom 1. Januar 1912 ab monatlich 30,00 Mark abstoßen, und würde ich wenn Ew. Excellenz mir vielleicht 300 Mark leihen würde, in 10 Monaten die Summe abgezahlt haben. Nun nachdem ich es geschrieben habe, möchte ich den Brief zerreißen, aber ich muß doch Alles versuchen, es ist ja nicht meinetwegen.

Von dem Brief weiß meine arme Frau Nichts, sie würde sich schämen, daß ich an Ew. Excellenz die Bitte gerichtet habe, aber es ist ja zu ihrem Besten. Nehmen Ew. Excellenz meine Freimütigkeit nicht übel, und wenn Ew. Excellenz es nicht geben wollen, so bitte ich || Ew. Excellenz mir die briefliche Ablehnung zu ersparen, bitte dann tun Ew. Excellenz so, als hätten Ew. Excellenz diesen Brief gar nicht erhalten.

Indem ich nochmals um gütige Entschuldigung bitte, hoffe ich auch, daß Ew. Excellenz mir verzeihen werden, daß ich mich in meiner Bedrängnis an Ew. Excellenz gewandt habe. Mit vorzüglichster Hochachtung

Ew. Excellenz ganz ergebenster und dankbarster

v. Crompton

a eingef.: vergeblich

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
07.12.1911
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 4432
ID
4432