Haeckel, Karl

Karl Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 22. März 1878

Potsdam d. 22 Maerz

1878 Abds.

Lieber Bruder!

Am Ende des festlichen Tages, an dem wir Kaisers Geburtstag feiern, − war ich bei Großmutter und fand dort Deine erste Nachricht aus Wien über Deine glückliche Ankunft daselbst. Wir freuen uns, daß Deine Frühjahrsreise bis dahin glücklich abgegangen ist und wünschen von || Herzen, daß es Dir so weiter gehe und Du die drückende Last aller Huldigungen und Ehrenbezeigungen Dir an den Gestaden der Adria glücklich wieder abspülen mögest. Ein mit ernster körperlicher und geistiger Arbeit errungenes Reiseziel ist das gewiß, nach alle dem, was Du uns schreibst. Die mancherlei in so reichem Maße Dir zu Theil gewordene Anerkennung wird Dich aber hoffentlicha wohl frisch erhalten haben. ||

Mutter ist wohl und geht schon an einem Stocke, hoffe, auch diese nächstens in der Stube abzulegen. Bei meinen Kinder hat sich nichts verändert; Friedel ist lieblich und bockt, je nachdem, Ernst muß immer straff gehalten werden u. hat bei Heinrich Stunden. Letztren werde ich wohl noch zwei Semester, Deinem Anrathen gemäß in Heidelberg lassen.

Daß Deine Frau in Deiner Abwesenheit wieder kleines Lazareth hat, thut uns recht Leid, hoffentlich geht es mit der bloßen Mühe u. Unbequemlichkeit vorüber.

– Heinz repetirt fleißig, auch Zoologie nach dem Koch, sucht aber nach einem aus-||führlicherm Lehrbuch. Kannst Du ihm eines empfehlen?

Wie es bei uns in Politicis aussieht, wirst Du aus den Zeitungen ersehen haben. Just nicht sehr erbaulich! Ob die Herren Graf Stolberg und Graf Eulenburg ein Stillstand oder Rückschritt sein werden, wer weiß es.

Nun herzlichen Gruß von mir und Wunsch für Dein ferneres Wohlergehen. Indem ich schreibe, hältst Du vermuthlich Deinen ersten Vortrag in Wien. Viel Glück dazu!

Dein treuer Bruder

C. Hkl.

a eingef.: hoffentlich

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Empfänger
Datierung
22.03.1878
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 35091
ID
35091