Diruf, Oscar

Oscar Diruf an Ernst Haeckel, Bad Kissingen, 10. Oktober 1892

Bad Kissingen am 10. Oct. 1892.

Hochgeehrtester Herr Professor!

Wie soll ich Ihnen hinreichend danken für Ihre so überaus gütige und freundliche Sendung und Ihr so liebenswürdiges Schreiben! Sie haben mich wahrlich damit in einige Verlegenheit gesetzt, da ich Ihnen und Ihren verehrten Angehörigen leider nur so Geringes leisten konnte, Sie mich daher durch Ihre Güte zu Ihrem tiefen Schuldner gemacht haben.

Gerade recht a tempo, nämlich zum Beginn meiner Wintermuße, wo ich wieder nach einer nur der practischen Thätigkeit gewidmeten und von ihr so vollkommen ausgefüllten 5–6 monatlichen Zeitperiode aufs Neue || geistig aufnahmsfähig geworden bin, gelangte Ihr großartiges epochemachendes Werk als Eigenthum in meine Hände als unschätzbare eigenhändige Gabe des berühmten Autors, dessen an mich gerichtete von ihm Selbst geschriebene Widmung mich mit wahrem Stolz erfüllt. Ihr freundlicher Begleitbrief aber wird fortan eine der kostbarsten Zierden meiner Autographensammlung sein.

Innig freue ich mich auf den Genuß während dieses Winters nun mit voller Muße mich dem Studium Ihrer großartigen Arbeit hingeben zu können, deren Lineamente mir bereits aus den von mir gehörten Semper’schen Vor-||trägen über die Lehre, deren hervorragendster Vorkämpfer Sie sind, bekannt geworden sind.

Empfangen Sie meinen innigsten herzlichsten Dank für Ihre große Güte!

Herzlich erfreute mich auch Ihre Nachricht, daß den werthen Ihrigen der hiesige Aufenthalt gut bekommen ist, und freundlichst möchte ich Sie bitten, mich Ihrer hochverehrten Frau Gemahlin, auch gelegentlich Ihrer sehr verehrten Frau Tochter aufs Beste zu empfehlen.

Meine Frau, die Ihnen durch mich die freundlichsten Empfehlungen sendet, bedauert fortwährend, nicht auch Ihre werthe Familie kennen gelernt zu haben, denn nur die ihr eigene, vielleicht übergroße Bescheidenheit und das Bedenken, daß die werthen Ihrigen hier nur eine stille ungestörte Erholung || zu pflegen beabsichtigten, hielt sie ab, den ersten Schritt hiezu zu wagen.

Sie werden nunmehr außer den neuen Vorbereitungen für Ihre Wintersemestervorträge vollauf damit beschäftigt sein, Ihre sicher reiche Ausbeute der Hebridenfahrt zu verarbeiten. Möchte Sie auch hiebei frischer Muth und kräftige Gesundheit begleiten!

Ich meinestheils werde demnächst mit den Vorbereitungen zum Abbruche meines hiesigen Sommerzeltes beginnen um in den letzten Tagen dieses Monats meine Übersiedlung in’s altgewohnte Winterquartier Würzburg vorzunehmen.

Mit wiederholtem herzlichstem Danke für die große Freude, die Sie mir bereitet haben und mit der Bitte, mir auch ferner Ihre freundschaftlichen Gesinnungen zu erhalten, sendet Ihnen die aufrichtigsten Grüße u. Empfehlungen

Ihr mit steter Verehrung u. Hochachtung ergebener

Oscar Diruf sen.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
10.10.1892
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 3217
ID
3217