Rade, Emil

Emil Rade an Ernst Haeckel, Münster in Westfalen, 4. November 1878

Münster i/W. den 4. November 1878.

Hochverehrter Herr Professor!

Noch einmal gestattet sich der Unterzeichnete, Ihre Aufmerksamkeit und Ihre kostbare Zeit für Sonderbestrebungen in Anspruch zu nehmen – die sich jedoch, was ich als Entschuldigungsgrund für meine Zudringlichkeit anführen kann, auf Charles Darwin beziehen.

Die zoologische Sektion für Westfalen und Lippe, welche seit Kurzem in Besitz sämtlicher Werke Darwin’s gelangt ist, vermißt recht sehr das Fehlen jeder eingehenderen Lebensbeschreibung des großen Forschers, und hat mich in Folge dessen beauftragt, das erforderliche Material zu sammeln und bis etwa zum nächsten Geburtstage Darwin’s darüber einen umfassenden Vortrag zu halten. ||

In der That habe ich außer den dürftigen Angaben einiger Conversationslexika noch in keiner Zeitschrift pp. irgendeine Art Biographie des weltbekannten Arbeiters in Down finden können und daher mit Freude die gestellte Aufgabe übernommen. Die Ausführung derselben ist mir aber nicht möglich ohne einige Mithilfe der dem großen Manne näherstehenden Freunde und Mitarbeiter und deßhalb gestatte ich mir, zunächst an Sie, hochverehrter Herr Professor, meine Bitte um Unterstützung darzulegen, möge diese nun direkt in Mittheilung der Ihnen bekannten Thatsachen und Denkwürdigkeiten aus dem Leben Darwin’s bestehen oder in Bezeichnung auf anderweiter Persönlichkeiten, bei denen ich die gewünschte Auskunft erhalten, oder in Darlegung des Weges, auf welchem ich mit Angehörigen Darwin’s selbst zur Erreichung möglichst eingehender und wahrheitsgetreuer Berichte || in Verbindung treten könnte. Ich bitte, dieser Angelegenheit gelegentlich einmal ein müssiges Viertelstündchen widmen und mich demnächst mit einer gütigen Mittheilung erfreuen zu wollen.

Mein Leben vergeht noch immer allzurasch in lebhafter Theilnahme an den großen naturwissenschaftlichen Errungenschaften unserer Zeit und in Schaffen und Wirken für meine nähere und fernere Umgebung, soweit hier meine Kraft dem stets regen Willen überhaupt zu Diensten sein kann – und ich habe die Genugthuung, meine Bemühungen meist mit dem gewünschten Erfolge belohnt zu sehen, eben weil diese Bemühungen stets nur Anderer Wohl bezwecken.

Meine innigsten Glückwünsche begleiten jede Ihrer großen Arbeiten zur Erweiterung der Wissenschaft und unserer Erkenntniß und ich bin glücklich mich zu denen rechnen zu dürfen, die Ihnen ihre Theilnahme, ihre Be-||wunderung und ihre Ergebenheit aussprechen dürfen.

Mit meinen ehrerbietigsten Grüßen verbinden sich die des Dr. F. Wilms hier, der im Jahre 1875/76 das Glück hatte, Ihre Vorlesungen zu hören und der in ebenso warmer Begeisterung füra Ihre Person und Ihre Thaten und Werke erglüht wie Ihr

ergebenster Diener

Rade

a korr. aus: Führe

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
04.11.1878
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 22077
ID
22077