Alfred Gold (Die Zeit - Wiener Wochenschrift) an Ernst Haeckel, Wien, 30. November 1899
„DIE ZEIT”
Wiener Wochenschrift
Redaction
WIEN, DEN 30/11. 1899
Hochverehrter Herr Professor!
Der Versicherung, dass wir einen Beitrag aus Ihrer Feder für die „Zeit” zu den größten Ehrungen und Erfolgen unseres Blattes zählen würden, bedarf es wohl nicht. Eine Zeitschrift, die mit ihren Tendenzen ins nächste Jahrhundert hinüberführen will, kann selbstverständlich keinen anderen Weg gehen als den von Ihrer Wissenschaft, Ihrer Philosophie und Ihrer persönlichen Erscheinung vorgezeichneten; und es hat uns zur ganz besonderen Freude || gereicht, dass es unserem Blatte vergönnt war, etwas von dieser Überzeugung in dem bei uns erschienenen Aufsatze Wilhelm Bölsches ausgedrückt zu sehen. Was wir darnach nur noch betonen müssen, ist, dass wir kleineren Arbeiten aus Ihrer Feder mit unserem Blatte einen würdigen Rahmen zu geben in der Lage sind. In der That ist es uns unter den besonders schwierigen deutschösterreichischen Verhältnissen gelungen ‒ ohne Ruhmredigkeit ‒ unser Blatt auf das Niveau der erstrangigen internationalen Revuen zu heben. Aus den diesem Brief beigegebenen Probeheften der „Zeit” belieben Sie selber sich ein Bild zu machen. ||
Im Speciellen wollen wir uns erlauben, Sie auf einen eben erschienenen Band „Studien u. Betrachtungen aus der Südsee” von Joachim Graf Pfeil aufmerksam zu machen; das Recensionsexemplar senden wir Ihnen auf alle Fälle gleich mit. Vielleicht erweckt das Thema so sehr Ihr Interesse, daß Sie an das Buch anknüpfend uns freundlichst einen Beitrag verfassen.
Wir sehen Ihrer geneigten Rückäußerung über diesen speciellen Vorschlag und unsere Bitte im allgemeinen mit der größten Spannung entgegen.
In ausgezeichneter Hochachtung
ergebenst
Gold
REDACTION „DIE ZEIT”
Herrn Prof. Dr. Ernst Haeckel Jena