Max Verworn an Ernst Haeckel, Lugano, 17. November 1894
Lugano 17.XI.94.
Sehr verehrter Herr Professor
Endlich sind wir unterwegs. Am Mittwoch Abend bin ich unter furchtbarem Sturm von London abgereist, habe dann am Donnerstag Jensen in Strassburg mit ins Coupé genommen und so haben wir unsere Fahrt gemeinsam fortgesetzt. Ritter, den ich brief- || lich gefragt hatte, ob er in Basel sei, hatte mir nicht geantwortet, so dass ich vermuthete, dass er auf der Reise wäre und ihn daher nicht aufsuchte. Gestern Abend sind wir in Lugano angekommen und zwar unter strömendem Regen, der schon seit drei Tagen ununterbrochen vom Himmel fällt, so dass ganz Italien einen äusserst unitalienischen Eindruck macht. Wir können keinen Fuss vor die Thüre setzen, alle Wege stehen unter || Wasser. Heute Vormittag wollen wir weiter nach der Villa Carlotta. Dort will ich mit Jensen meine letzte Correctur vom Index und Vorwort etc lesen. Bis jetzt haben wir auf der Fahrt und im Hotel noch fortwährend corrigiert, was uns bei dem miserablen Wetter wenigstens eine nützliche Beschäftigung gab. Am 23 wollen wir Triest mit dem Dampfer verlassen und vorher noch zwei Tage in Venedig verweilen. Würden Sie uns die Freude machen und uns || nach Triest (p. adr. Agentur des Österreichischen Lloyd) ein paar Zeilen senden ehe wir Europa verlassen? Ich würde Ihnen sehr dankbar sein. In Kairo (Deutsches General-Consulat) werden wir jedenfalls 8–10 Tage bleiben und uns dann ein wenig Oberaegypten ansehen, ehe wir nach Tor hinüberfahren.
Inzwischen bleibe ich mit herzlichen Grüssen an Sie und alle Freunde in Jena immer
Ihr treuer
Max Verworn.