Wilhelm von Waldeyer-Hartz an Ernst Haeckel, Straßburg, 12. Oktober 1874
Straßburg, Elsaß, 12. October
1874.
Sehr geehrter Herr College!
Vor einigen Tagen erhielt ich durch den Verleger Engelmann Ihre Anthropogenie, auf welche ich schon lange gespannt war und die mir nun doppelt werthvoll ist, als sie als Ihr werthes und freundliches Geschenk in meinen Besitz gekommen ist; ich beehre mich Ihnen dafür meinen herzlichsten Dank zu sagen.
Sie gehen in dem Werke entschlossenen Schrittes auf der so ungemein lehrreichen und fruchtbringenden Verbindungsbahn der Ontogenie und Phylogenie vorwärts, einer Bahn, auf der ich Ihnen mit voller Ueberzeugung folge, wenn auch in Einzelheiten Differenzen bestehen können, welche die weitere Detailforschung zu lösen hat.
Schon im vorigen Winter habe ich noch Ihre || hochinteressante Abhandlung über die Gastraea-Theorie in meiner Vorlesung über Entwickelungsgeschichte benutzt, und freue mich jetzt darauf, in diesem Winter mich auf Ihr treffliches neues Werk stützen zu können.
Ich habe schon lange den Plan, ein Lehrbuch der Entwickelungsgeschichte zu bearbeiten, werde damit wol erst nach Jahren fertig, da ich inzwischen noch eine Reihe besonderer Untersuchungen zu Ende führen möchte. Vor der Hand habe ich mir nur erst die allgemeinen Grundzüge zurechtgelegt.
Für die Freundlichkeit, mit der Sie meiner in Ihrem Buche gedenken, danke ich Ihnen hier ebenfalls und schließe mit dem Wunsche besten Erfolges für Ihr Werk, der demselben sicher nicht fehlen wird.
Mit vorzüglichster Hochachtung
Ihr ergebener
Waldeyer