Heldburg, Helene Freifrau von

Helene Freifrau von Heldburg an Ernst Haeckel, Altenstein, 27. Oktober 1889

Schloß Altenstein 27.10.89.

Hochverehrtester und lieber Herr Professor!

Ich muß Ihnen sagen, wie oft wir Ihrer und Ihres, leider nur zu kurzen Besuches gedacht und uns auf eine Wiederholung desselben gefreut haben, damit Sie sich das Vergnügen vorstellen können, das wir gestern Abend beim || Empfang Ihrer Sendung empfanden. Zeigte sie uns doch vor allen Dingen, daß auch Sie sich unserer freundlich und gern erinnern und läßt uns hoffen, daß Sie auch Ihr anderes Versprechen, das des Wiederkommens, halten werden! Ihre schöne achte Auflage hatte ich mir schon vom Buchhändler bestellt und freue || mich nun, daß wir die natürliche Schöpfungsgeschichte dreimal besitzen. Der Herzog ist stolz auf die seinige und trägt mir seinen besten und wärmsten Dank an Sie auf. Ihre neue Photographie gefällt mir sehr, aber wenn Sie mich auf derselben ansähen, wäre ich noch zufriedener. Die Nase ist zwar wunderschön, || aber die Augen wären mir lieber! Wenn Sie mich hiernach für einen Nimmersatt erklären, muß ich es mir freilich gefallen lassen. ̶ Was das Theater anbelangt, so freut es mich eigentlich, daß die geplanten Vorstellungen in Jena nicht zu Stande kommen, haben wir doch so Ihnen etwas zu bieten, das Sie zu uns lockt! Es steht noch nicht fest, wann || und auf wie lange wir diesen Winter die Meininger in Meiningen haben werden, sobald sie da sind, schicke ich Ihnen aber regelmäßig die Theaterzettel zur Auswahl Ihrer Besuchszeit, und hoffe, ich finde an Ihrer Gattin eine Verbündete im Betreiben der Versprechungserfüllung! Und nun komme ich zum Schluß noch mit einer Bitte: es thut mir so weh, daß sie meinen Freund || Bacon verachten, oder doch verdammen, und ich fühle mich überzeugt, daß Sie das nicht thun würden, wenn sie ihn und sein Leben besser kennten. Es ist eine starke Zumuthung sein life and letters von Spedding zu lesen, darf ich sie aber doch stellen und Ihnen die allerdings etwas sehr stattlichen Wände zu gelegentlicher Durchsicht schicken? Es würde mir eine wahre || Herzensfreude sein, Sie mit ihm auszusöhnen! Um Sie nicht mit Briefschreiben zu belästigen, nehme ich an, daß silence consent giebt und bitte nur für den Fall, daß Sie das Werk schon gelesen haben sollten um ein ablehnendes Wort. – –

Leben Sie wohl, hochverehrter Herr Professor, und glauben Sie an die aufrichtige Bewunderung und herzliche Zuneigung || Ihrer

Ihnen sehr ergebenen

Heldburg.

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
27.10.1889
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 10300
ID
10300